Eine oder keine Methode? Wie sich Aufgaben einfach managen lassen.
Für Kanzleien und alle anderen
Wow, das hat jetzt aber lange gedauert bis nun endlich der neue Newsletter erschienen ist. 😮💨 Offensichtlich ist mein Zeit- und Aufgabenmanagement nicht so gut gewesen, wie es sein sollte.
Und das nehme ich doch gleich zum Anlass, um genau darüber zu schreiben: Aufgabenmanagement!
Und bevor ihr jetzt enttäuscht aufhört zu lesen, bleibt dran oder, falls ihr keine Zeit habt, setzt euch eine Erinnerung, um diesen tollen Artikel zu lesen. Denn ihr werden nicht glauben, was am Ende passiert!😲
Die erst große Überraschung schon mal vorweg, es geht diesmal nicht um AI. (Buh!😿) Naja, ein bisschen am Rande. Das muss aber diesmal reichen.
Heute soll es um das Daily Business gehen und wie man es organisiert. Ich komme ja als Anwalt und Legal Tech Manager aus dem Kanzleiumfeld und ich sag mal so, es gibt da Potential zur Verbesserung. Wenn jemand alle Zettel aus den Kanzleien stehlen würde, dann würde das wichtigste Aufgabenmanagementsystem zusammenbrechen.
Das schlechteste System ist hier gar kein System und ich bin davon überzeugt, dass dies am Ende zu Überarbeitung, Stress und Fehlern führt. Irgendetwas wurde vergessen, nicht richtig geplant oder man kann es später nicht mehr nachvollziehen. Es ist alles nur mit einem erheblichen Mehr an Arbeit aus der Welt zu schaffen. Das geht auch anders!
Was ist Aufgabenmanagement?
Beginnen wir mit einer einfachen Feststellung: Ich rede heute nicht über Projektmanagement. Das Aufgabenmanagement ist auch Teil des Projektmanagements, aber geht weiter, indem es jede eingehende Aufgabe umfasst. Aufträge und kleinteilige Aufgaben sind zudem das übliche Geschäft einer Kanzlei, wo eher selten große einmalige Projekte umgesetzt werden, die auf ein klares Endziel hinarbeiten.
Im Kern gibt es für das Management von Aufgaben zwei Methoden:
Keine Methode: Ich erledige, was im Moment die meiste Aufmerksamkeit von mir bekommt, sei es, weil Druck auf mich ausgeübt wird oder ich einfach Lust auf die Aufgabe habe.
Eine Methode: Ich habe ein konsistentes System etabliert, welches mir erlaubt, alle Aufgaben zu bestimmen und sortiert abzuarbeiten.
Das wird jetzt nicht überraschend kommen, aber ich will gerne für die zweite Variante werben.
Warum “keine Methode” problematisch ist
Neben dem Offensichtlichen führt die “keine Methode”-Methode zu einigen Problemen, welche insbesondere Stress, unzufriedene Mandanten:innen bzw. Kunden:innen oder Haftungsrisiken mit sich bringt. Wenn ich nur reagiere, dann kann ich das nur noch dort tun, wo der Schmerz oder die Freude am größten ist. Das wird selten zu ausgeglichenen Entscheidungen führen und endet meist in Überarbeitung, weil die falschen Prioritäten gesetzt wurden.
Folgende Hauptprobleme sehe ich:
Zeitaufwendiges koordinieren: Eine fehlende zentrale Verwaltung führt dazu, dass Aufgaben und deren Details nur direkt kommuniziert werden können. Das findet dann noch über verschiedene Wege statt und bei Nachfragen muss erstmal gesucht werden. Wo stand nochmal für wann das fällig war?🤔
Nachverfolgbarkeit: Es ist unheimlich schwer nachvollziehen, wann wer etwas warum gemacht hat. Es fehlt damit der Audit-Trail und dies führt indirekt zu Haftungsrisiken und direkt zu viel Arbeit bei der Suche nach Informationen.
Stress und Überarbeitung: Es fehlt an einem Verständnis, wie viele Aufgaben im Team bestehen und wer gerade woran arbeitet. Daher ist keine Ressourcenplanung bzw. effektive Koordinierung möglich. Am Ende wird das erledigt, was den meisten Druck ausübt und man arbeitet immer nur hinterher.
Ich denke mein Punkt ist klar. Das fehlende System lässt sich immer nur mit mehr Arbeit ausgleichen und führt zu mehr Arbeit. Arbeit die weder mehr Einnahmen bringt noch in irgendeiner Form sinnvoll ist.
Wie “eine Methode” funktionieren kann
Ich möchte euch gerne beispielhaft meine System des Aufgabenmanagements erklären. Es gibt natürlich nicht das eine System für die Planung von Aufgaben. Es ist wichtig, dass ihr euer System für euch anpasst. Dabei sind wichtige Faktoren:
die Größe und Besetzung des Teams,
das genutzte Tool bzw. die Software,
branchenspezifische Spezialfälle,
und die eigene Art des Arbeitens.
Meine Arbeitsmethode ist natürlich die beste 😉, aber andere sind sicherlich auch okay.
Ich orientiere mich in vielen Punkten, aber nicht allen, an der Get Things Done Methode. Ihr findet im Netz noch viele andere Methoden, die auch funktionieren. Das Wichtigste ist, dass ihr ein System habt und dabei bleibt.
Meine Methode orientiert sich an den immer vier gleichen Schritten:
Eingang Aufgabe
Sortierung Aufgabe
Tägliche Planung und Umsetzung
Archivieren und Aufräumen
SCHRITT 1 - EINGANG AUFGABE
Sobald eine neue Aufgabe bzw. ein Auftrag entsteht, entscheidet ihr, ob diese sofort erledigt werden kann. Das Verwalten der Aufgabe sollte nicht länger dauern als deren Erledigung. Ein guter Richtwert sind hier zwei Minuten.
Ist die Aufgabe “groß” genug, nehmt ihr sie erstmal in den allgemeinen Eingang auf. Sollte sie super dringend sein, kann natürlich gleich zu Schritt zwei übergegangen werden, ansonsten verbleibt sie erst einmal im Eingang und ist “gesichert”.
SCHRITT 2 - AUFGABEN SORTIEREN
Nehmt euch die Zeit und sortiert die Aufgaben im Eingang in die verschiedenen Unterkategorien. Ich habe bspw. innerhalb meines Tools verschiedene “Projekte” oder “Ordner”, in denen ich meine Aufgaben aufteile. Typischerweise ist das normale Auftragsarbeit, Verwaltung, Private Tasks und tatsächliche Projekte.
Bei der Sortierung bestimme ich noch die weiteren Eigenschaften:
Informationen und Kategorisierung
Unteraufgaben
Priorität
Fälligkeit und Frist
Zuordnung für Teams
Einmal sortiert, sieht dann auch alles gleich viel schöner aus.
Informationen und Kategorisierung
Zunächst bestimme ich weitere standardisierte Werte für die Aufgabe. Je nach Tool heißt dies dann Kategorie, Label, Tag oder Feld. Meist lassen diese sich individuell einstellen. Ich nutze sie um den groben Umfang der Aufgabe zu bestimmen und auch welche Weise die Aufgabe zu erledigen ist.
Alle eigenständigen relevanten Informationen zu der Aufgabe packe ich dann in die Beschreibung. Dies kann eine E-Mail sein, ein Link oder einfach nur ein paar Notizen. Achtet dabei bitte immer auf den Datenschutz und Geschäftsgeheimnisse. Prüft welche Informationen ins Tool übertragen werden sollen (Stichwort: Datensparsamkeit) und ob das genutzte Tool überhaupt dafür geeignet ist, um die Informationen datensicher zu verarbeiten.
Unteraufgaben
Größere Aufgaben teile ich in Zwischenschritte auf. Wenn ihr euch hier unsicher seid, welche das sein sollen, dann könnt ihr das auch später machen.
Die Aufteilung ist aus zwei Gründen sehr wichtig. Erstens sollten die Aufgaben vergleichbar sein. Es sollten somit nicht 5 Minuten-Aufgaben neben 5-Stunden Aufgaben auf einer Ebene stehen und zweitens fängt man große Aufgaben eher schwerer an.
Wann hat man schon mal fünf Stunden am Stück Zeit, um eine Aufgabe zu bewältigen? Daher bleiben die großen Brocken lange liegen. Ich teile übrigens auch Schriftsätzen in Struktur, Recherche und einzelne Unterabschnitte auf. Die liegen sonst lange. 😔
Übrigens kann man sich an der Stelle auch super von einem AI-Chatbot unterstützen lassen. Wenn ihr mal nicht wisst, was praktische Zwischenschritte sein könnten, dann fragt ChatGPT und Co.
Priorität
Jede Aufgabe benötigt ihre Priorität, denn was auf jeden Fall passieren wird ist, dass ihr Aufgaben nicht schafft und dann entscheiden müsst welche ihr verschiebt und welche erledigt werden müssen. Diese Entscheidung sollte in Ruhe geschehen und nicht in der Hektik des Moments.
Und solltet ihr mal nichts mehr zu tun haben, dann könnt ihr ohne Absprache mit dem restlichen Team gleich die nächste Prioaufgabe anpacken.
Fälligkeit und Frist
Nicht jede Aufgabe benötigt sofort ein Fälligkeitsdatum. Gerade wenn die Fälligkeit von anderen Daten abhängt oder man sich nicht sicher ist, wann man die Aufgabe erledigen sollte, kann man die Aufgabe erstmal in Ruhe lassen. Dies bedingt natürlich, dass man regelmäßig alle offenen Aufgaben prüft.
Unterscheidet bitte zwischen Fristen und Fälligkeiten. Gerade in Kanzleien gibt es viele Fristen, die man dann in den Kalender eintragen sollte. Bestenfalls arbeitet hier eine Automatisierung.
Die Frist ist unabhängig vom Fälligkeitsdatum der Aufgabe, denn meist sollte die Aufgabe mit einem Puffer erledigt werden, weil sie nicht an einem Tag zu schaffen ist oder andere daran mitarbeiten. Die Frist gibt wiederum an, bis wann die Aufgabe spätestens abgeliefert sein muss.
Viele Programme ermöglichen es übrigens, dass man den Kalender mit terminierten Aufgaben synchronisieren kann. Dies wird jedoch meines Erachtens schnell unübersichtlich und stört mehr als es hilft. Gerade kleine Aufgaben sollten den Kalender nicht unnötig vollstopfen. Einige Tools ermöglichen es sogar, alle Aufgaben gleich selbstständig per AI zu sortieren und vorzuschlagen, wann diese erledigt werden sollten. Das habe ich aber selbst noch nie probiert, weil ich gerne Herr meiner Zeit bleiben möchte.
Zuordnung für Teams
Letzter Task wäre die Zuordnung der Aufgabe im Team. Das sollte erst geschehen, wenn die Aufgabe klar übernommen wurde oder es eine bestehende Abmachung dazu gibt, wer wann welche Aufgaben übernimmt. Die Übersicht über die eigenen Aufgaben haben nur die Personen selbst und schlimmstenfalls werden die Aufgaben ignoriert oder gehen anderweitig unter.
SCHRITT 3 - TÄGLICHE PLANUNG UND TERMINE
Jeder Morgen sollte damit starten, dass ihr euch sortiert und prüft, welche Aufgaben und Termine anstehen. Zu diesem Zeitpunkt kann man offene Aufgaben nochmal neu planen und sich ernsthaft fragen, ob denn all das wirklich zu schaffen ist, was man sich vorgenommen hat. Ich muss hier täglich meine Aufgaben anpassen, da ich diese meistens noch ohne meine Termine geplant habe.
Wenn euch dies öfter passiert und man die Aufgabe vor lauter Terminen nicht schafft, dann sollte man sich Blocker in den Terminkalender setzen.
Dann geht es nur noch um das Ausführen und Abhaken der Arbeit. Das ist der mit Abstand befriedigendste Teil: Aufgaben abhaken. Ach, wer hat nicht schon mal einen Task eingetragen, nur um ihn abzuhaken oder durchzustreichen. 🥰
Wichtig ist noch, dass ihr eure Kommunikation vorwiegend in den Aufgaben und Projekten selbst führt. Dies kann in den Kommentaren zu direkten Nachfragen geschehen oder in der Beschreibung, wenn es die Aufgabe betrifft.
Das hat den Vorteil, dass jeder immer weiß, wo die Informationen zu finden sind und das man einen guten Audit-Trail bekommt, um nachzuvollziehen was wann passiert ist. Das spielt zudem eine große Rolle für die Haftung. Und man spart sich später die Zeit zum suchen.
SCHRITT 4 - ARCHIVIEREN UND AUFRÄUMEN
Auch wenn es oftmals untergeht, solltet ihr euch regelmäßig Zeit nehmen, um gemeinsam die Aufgaben und Projekte aufzuräumen. Das bedeutet, dass ihr sozusagen alle Entscheidungen aus den ersten beiden Schritten hinterfragt und zugleich erledigte Aufgaben oder Projekte archiviert. Für Kanzleien sowie eigentlich jeden ist es wichtig, dass man auch noch in ein paar Jahren nachvollziehen kann, welche Entscheidungen getroffen wurden.
Weitere Methoden
Es gibt noch viele weitere Methoden, um Aufgaben zu erledigen. Einige beschäftogen sich mit der Technik des Erledigens wie Pomodoro, hier arbeitet man immer in 25 Minuten-Abschnitten unterbrochen von 5 Minuten Pause.
Andere bieten ein gantes System wie die sehr beliebte Kanban Methode, bei der innerhalb eines Boardes Aufgaben von links nach rechts in Abschnitte kategorisiert und abgearbeitet werden. Dies eignet sich sehr gut für Projekte oder ähnlich gelagerte Aufgaben wie Support-Tickets oder juristische Projekte.
Die Liste kann ich jetzt lange fortführen. Wobei sich doch viele mit den Vorschlägen im Beitrag ähneln und keine Methode mehr das Rad neu erfindet. Mehr dazu findet ihr hier.
Zum Abschluss ein paar Tipps
Egal wir ihr eure Aufgaben managt, wichtig ist nur, dass ihr euer System konsistent umsetzt. Das soll nicht heißen, dass ihr es nicht ändern könnt. Gerade zu Beginn müsst ihr schauen, was für euch funktioniert und was nicht. Seid so frei und passt es im Anschluss an. Es gibt übrigens kein perfektes System und es wird auch nicht immer allen gefallen. That’s life.🤷🏻♂️
Wenn ihr anfangt, dann haltet euer System schmal. Startet ruhig mit einer Excel-Tabelle, wenn es nicht anders geht. Es gibt jedoch auch tolle Programme, die viel bringen. Ich nutze für meine eigenen Aufgaben Todoist, weil es mobil richtig gut funktioniert und man beim Eintragen der Aufgabe automatisch viele Informationen hinzufügen kann. Beruflich habe ich viel mit Asana gearbeitet, weil ich es für Nicht-IT-Personen sehr übersichtlich finde, was in einer Kanzlei sehr gut funktioniert. Es gibt aber noch viele andere sehr gute Tools. Ihr findet schon etwas.
Viel Erfolg und möge die Planung mit euch sein.🙏
KLEINER AUSBLICK
In den kommenden Newslettern werde ich über AI und Recht sprechen. Da breite ich mal alles aus, vom Urheberrecht über den Datenschutz bis hin zum Thema Diskriminierung. Dann seid ihr bei euch komplett up-to-date. Stay tuned…
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Falls du gerade einfach runtergescrollt hast, erstens “shame on you” und zweitens ein guter Moment, um mit Enttäuschungen umgehen zu lernen. Gern geschehen.
Für den Rest, der das erst jetzt liest: Gut, dass ihr durchgehalten habt. 👍
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